Wahrheit oder Pflicht

Es ist Freitagmorgen und Kathrin geht zu Blumen Lund im Grindelviertel. Ich habe gleich einen letzten Termin bei einer ganz wunderbaren Frau und möchte ihr als Dank einen besonderen Blumenstrauß für die schöne Zeit mitbringen. Rosen, Tulpen, Ranunkel und viele Blumen mehr empfangen mich in den schönsten Farben. Der Frühling ist hier präsenter als draußen. Es regnet mal wieder in Hamburg, doch das ist ja nichts Neues. Um den passenden Strauß zu finden, lasse ich mir Zeit und schlendere durch den alteingesessen Blumenladen mit Familientradition, als ein älterer Herr das Geschäft betritt. Er wirkt etwas hektisch und ist auf der Suche. Ich fokussiere mich wieder auf die verschiedenen Blumen und auch ein paar fertige Sträuße sind ansprechend und liebevoll in Vasen am Eingang arrangiert. Der Mann schnappt sich direkt neben mir einen Strauß und sagt plötzlich zu mir gerichtet: „Ich hab meinen Pflichtblumenstrauß schon. Suchen Sie auch einen?“ Alleine das Wort Pflichtblumenstrauß lässt mich innehalten. Ich wende mich dem etwa 80-jährigen lächelnd zu „Nein, ich schenke meinen ehrlich und aus dem Herzen heraus. Wieso Pflichtblumenstrauß?“, frage ich interessiert. „Ach, ich muss gleich zu einem Geburtstag und habe gar keine Lust.“ Er schaut etwas traurig und ich spüre seine Unlust. „Warum gehen Sie dann hin?“ gespannt auf seine Antwort drehe ich mich nun komplett zu ihm um – er hat nun meine volle Aufmerksamkeit, „Naja, wenn ich nicht hingehe, kann ich mir wieder wochenlang was anhören. Dazu habe ich keine Lust.“

Warum ist es so schwer NEIN zu sagen?

Wie oft sagen wir „Ja“ obwohl wir „Nein“ meinen? Überfordern uns damit. Sind erschöpft und gehen dabei selber oft über unsere eigenen Grenzen. Betrügen unser Herz was Jahre oder sogar Jahrzehntelang immer wieder lauft ruft „Nein, ich kann und will nicht mehr!“ Das macht auf Dauer krank. Und all das, damit wir anderen gefallen oder keine Ablehnung erfahren wollen oder das Gefühl nicht mehr dazuzugehören oder geliebt zu werden. Die Wahrheit ist, wir lehnen uns dabei selber ab, vergessen die Liebe zu uns, verlassen uns innerlich, aus „Höflichkeit“ anderen gegenüber …

Wenn wir öfter „Nein“ sagen, wird auch unser „Ja“ viel mehr geschätzt

Die Pflicht ist doch uns selbst treu zu bleiben. Ehrlich zu sein und das tun, was sich für uns richtig anfühlt und wenn es die Grenzen sind, die wir setzen, Stopp sagen, wenn wir spüren es wird zu viel. Doch hierzu gehört das achtsame Hinfühlen bei uns selbst – auch im Alltag. Das Gefühl, welches wir durch unser „Nein“ Sagen in dem Gegenüber auslösen, gehört tatsächlich nicht uns, sondern dem Anderen. Und viele übernehmen dieses Gefühl und dann haben wir das schlechte Gewissen und fühlen uns schlecht.

Vielleicht sagt jetzt der eine oder andere „Sorry, das macht man nicht. Das hat auch mit Verantwortung zu tun.“ Dann frage ich erstmal „Wer ist man?“ und „Stimmt – wir haben Verantwortung – vor allem uns selbst gegenüber.“ Gut und gesund mit sich umzugehen.

Die lieben Glaubenssätze sind nicht in Stein gemeißelt, fühlen sich jedoch oftmals so an

„Auch der Glaube nicht NEIN sagen zu dürfen ist ein Satz, den wir uns erlauben dürfen neu zu denken und auch zu sagen.“ motiviere ich den Herrn. Unser Gespräch erblüht seit mittlerweile 30 Minuten und er ist ob seines hohen Alters Feuer und Flamme für meine Worte. Er nickt mir zustimmend zu und fragt mich plötzlich fröhlich „Haben Sie ganz spontan Lust mich auf dieses Geburtstagskränzchen zu begleiten? Dann mischen wir gemeinsam den Laden auf.“ Erwartungsvoll schaut er mich an.

Ganz ehrlich – ich hätte es sofort gemacht, wenn ich nicht meinen eigenen Termin gehabt hätte.

Du bist immer sicher: Entweder Du gewinnst oder Du lernst

Das Leben bietet doch die schönsten Gelegenheiten. Der Mann, den ich bisher nicht kannte, umarmt mich ganz herzlich, bedankt sich aufrichtig für meine aufmunternden und reflektierenden Worte, zahlt seinen Strauß, schenkt ihn mir und verlässt motiviert den Laden. Ich habe Gänsehaut, da ich weiß, dass diese Unterhaltung bereit in ihm nachwirkt, denn die Samen in Form meiner Worte, sind auf fruchtbaren Boden gefallen und nun ist es in seiner Pflicht sich darum zu kümmern, damit sie gedeihen können. Egal welches Alter wir haben, wir sind in unserem eigenen Wachstum immer sicher: Entweder wir gewinnen oder wir lernen. Das ist die Wahrheit!

Ich entscheide mich für einen Strauß aus Narzissen, die für Fruchtbarkeit, Frische, Lebendigkeit und für den Neuanfang stehen.

In diesem Sinne einen bunten Frühling voller Wachstum, neue Glaubenssätze und ganz viel Freude an dem was wir wirklich wollen  – ach, uns falls Du Inspiration brauchst, gehe einfach achtsam durch die Geschäfte – da gibt es jederzeit spannende Begegnungen.

Sofern Du selbst an Deinen eigenen Glaubenssätzen arbeiten möchtest, gesundes „Nein“ sagen lernen willst oder frische Energie für den Frühling brauchst, melde Dich bei mir. Du findest mich am Klosterstern in Hamburg oder auch online mit 360 Grad MENSCH! Coaching.

Von Herzen
Deine Kathrin