360 Grad Motivationsblog

Weich sein ist die neue Stärke! Ein Selbstversuch.

Ausgabe 07/2020

Meine Vespa steht frisch geputzt  an der Straße und glänzt mit ihrem aufpolierten Schwarz in der Sonne. Doch im Innern sieht es nicht so toll aus. Seit Wochen klappert es irgendwo am Motor. Ich nehme mir endlich die Zeit, nachzuschauen und sehe, es hat sich eine Schraube gelöst. Ich setze den Schraubschlüssel an, um sie festzudrehen. Es dauert eine Weile. Ich muss ziemlich viel Kraft einsetzen, meine Hand schmerzt schon und ich habe auch so gar kein Gefühl, wann es genug ist und die Schraube hart und fest genug im Gewinde sitzt, als ich plötzlich abrutsche und den Lack verkratze.

 

Härter, fester, disziplinierter

Na toll! Ich unterbreche meinen Versuch, knete meine geschundene Hand und sehe, wie ein Hop on Hop off Bus mit vielen Menschen an unserem Haus vorbeifährt. Meine Gedanken schweifen: Wie oft springen wir selber unstetig herum und drehen uns dabei hart bis zum Anschlag? Unerbittlich verschließen wir uns ganz oft, uns selbst gegenüber. Haben das Gefühl, für uns selbst verloren. Haben keine Klarheit wer wir wirklich sind. Ich wende mich wieder der Schraube zu, die immer noch nicht richtig sitzt und habe den leisen Verdacht, dass hier etwas fehlt…Ich frage mich: Warum sind wir Menschen oftmals so hart zu uns selbst und pressen uns damit ohne Abfederung selbst an die Wand?

Hart mit der eigenen Kommunikation beschimpfen wir uns zigmal am Tag innerlich und peitschen damit sooft unsere Seelen. Wie viele zig Male sind wir hart mit der eigenen Stimme, überdrehen völlig und verlieren dabei unseren Eigenton, der ganz tief von innen kommt, verbunden mit allen Antworten zu uns selbst. Stattdessen sind wir oft schrill und laut, da wir annehmen, uns nur so voranzubringen, beachtet und geliebt zu werden.

Hart zu uns als Frauen, da wir glauben alles auf einmal schaffen zu müssen und in einem Tempo, mit welchem wir uns selbst überholen und uns dabei insgesamt nur ausbremsen. Als Mann, der sicherlich oftmals – ohne das andere es merken – hart seine Tränen und Emotionen zurückdrängt unter so viel Druck und Last – alles Hürden, welche wir uns immer wieder nur selbst machen und uns dafür noch verurteilen, dass wir es nicht schaffen sie zu überwinden.

Als Mensch, der nur zu funktionieren hat und zwar in allen Lebensbereichen, denn sonst ist diese Geschwindigkeit, in der wir teils leben, nicht mehr machbar. Unsere Seelen sind überfordert mit so viel Härte.

 

Wohnt in einem gestählten Körper auch ein eiserner Geist?

Hart zu unserem Körper. Und noch einen Triathlon, Iron Man oder mit was auch immer wir Menschen uns im Inneren vorantreiben und damit vor uns selbst davonlaufen. Wie manche Menschen joggen, ist sehr bezeichnend. Schwer. Schief. Stolpernd und verbissen.  Als ob sie kurz vor dem Zusammenbruch stehen, das imaginäre Kreuz des Lebens jederzeit mitschleppend, doch sie laufen weiter. Harte Höchstleistung bringen, es ist wie einmal durch die Wüste des Lebens bei sengender Hitze und wieder zurück – natürlich in Bestzeit. Die eigene Schraube reibt und kratzt weiter direkt am Anschlag und beschädigt so einiges. Dabei abends nach der Arbeit eine Flasche Rotwein zum Runterkommen oder 12 Espresso zum Aufputschen während des Tages, anders geht es nicht mehr. Maßlos und hart zu sich, auch hier in unserem Mentalkörper, der alles aufnimmt und irgendwann überläuft.

Warum tun wir Menschen uns das an? Und hier schaue ich auch auf mich.

 

Härte ist eine Möglichkeit, sich zu schützen – doch wo steckt die Chance für Dich?

Vor Anfeindung, Kritik und Überdenken seiner eigenen Verletzlichkeit und was noch alles in uns steckt wollen wir uns abschirmen.

Die Schraube, die immer noch nicht sitzt, lässt mir keine Ruhe. Sie beschäftigt mich. Die Härte. Auch als ich wieder keine Pause mache und noch eine Nachtschicht einlege, da so dringend noch etwas fertig werden muss. Keine zwei Wochen später fasse ich für mich einen Entschluss.

Ich möchte weicher werden und brauche Unterstützung.

Derzeit wende ich mich durch das Schreiben meines dritten Romans ganz bewusst der Arbeit zu mir selbst zu. Beschreibe in den Kapiteln das Erblicken und Erforschen von Mechanismen, denen wir Menschen glauben, immer wieder ausgeliefert zu sein. Durch die wir uns mit Hilfe unserer Gedanken auf unserer Lebensreise stets selbst Härte auferlegen und mit denen wir uns an das eigene Limit bringen. Sprich: unsere Gedanken und ihre damit verbundenen Auswirkungen. Doch wie kannst du das verändern?

Richte deine Energie auf dich: Innere Arbeit heißt, sich mit sich selbst auseinanderzusetzen.

  1. Anhalten und sich umschauen, wo du dich derzeit befindest in deinem Leben. Spürst du dich selber noch in allem, was du tust?
  2. Wie ehrlich bist du mit dir selbst? Sofern du unsicher bist, frage enge Freunde oder Familie, wie sie dich sehen oder erleben.
  3. Verkörperst du DAS, wer du von Herzen wirklich bist. GEhe hin und FÜHLE! Deine GEFÜHLE. Du darfst und du kannst. Gestatte es dir auch. Ich erinnere: DAS hier ist Premiere – es gibt im Leben keine Wiederholung.

 

Denn nur tief in Dir findet Transformation statt. Hier kann sich Selbstverurteilung in Liebe verwandeln und Härte in Weichheit. Ich erkenne, ich befinde mich bereits mittendrin in dem Prozess, die Seiten der Weichheit für mich zu entdecken.

 

Alte Gedankenmuster stehen uns im Weg

Doch mein Kopf, mein innerer Kritiker, zieht hier ganz andere Seiten auf:

  • Was weißt du schon von Weichheit? Das knallharte Rückgrat, um bestehen zu können, hat dich all die Jahre gehalten. Es trifft dich volle Breitseite, wenn du weich, lax und ohne Widerstand bist.
  • Was willst Du mit dem Soften? Das Leben ist kein Eissalon. Nur die Harten kommen in den Garten, heißt es doch immer.
  • Nur knallharte Ansagen und Power bringen was – alles andere ist Weichspülerei. Weich nimmt dich keiner Ernst, wirkst du nicht professionell und trauen tut dir erst recht keiner.

 

So läuft es auch in Führungsetagen und dort ist Weichheit ja immer noch verpönt.

Beim Sport wie auch in der Wirtschaft gibt es verschiedene Typen:

Typ 1. Leader, die einen klaren Plan haben und diesen auch konsequent verfolgen, aber die Leute auf der emotionalen Ebene mitnehmen und emotionale Bindung zulassen. Hansi Flick scheint so einer zu sein.

Typ 2. Leader, die einen genauen Plan haben, die jedoch keine emotionale Bindung zulassen. Dies sind meist extreme Menschen, die mit ihrer Kraft und extremen Visionen führen. Beispiele hier sind Elon Musk, Steve Jobs oder auch Pep Guardiola. Diese Leader lassen keine Nähe zu, haben aber eine solche visionäre Kraft, dass sie Dinge positiv gestalten können und erfolgreich sind.

Das Problem ist das folgende: im normalen Management halten sich die Leute für die größten Strategen und Visionäre, also Typ 2. Sie sind es aber nicht und weil sie die Menschen nicht mitnehmen sind sie oft nicht erfolgreich.

Ich bleibe dabei – Weich sein ist die neue Stärke. Wir brauchen viel mehr Weichheit in dieser Welt. Diese harten Menschen zu sich selbst waren oder sind ausgebrannt. Elon Musk hat sehr spezielle innerliche Herausforderungen, Steve Job hatte Krebs und Pep – für ihn halte ich die Fahne hoch, er kommt aus meinem Vespaland.

Weichheit, Bescheidenheit und Demut – das ist die Richtung in der Zeit der Veränderung, die wir gehen, damit wir uns mit unserem inneren Kern auseinandersetzten und ihn lernen zu lieben.

Doch um im Management zu bleiben, wieviel Männer lassen sich erdrücken von der Last, die sie sich selbst auferlegen? Und das geht im Privaten so weiter. Wie viele Männer leben ihre Emotionen nicht und können somit auch wenig emphatisch sein. Sind oftmals nicht ehrlich zu sich … DAS macht krank unehrlich zu sich zu sein. Ich führe hier als Beispiele Bandscheibenvorfälle, Burnouts und Herzinfarkt auf.

Männer leben oft unter dem Zwang des Wettbewerbs, um sich noch besser darzustellen. Das kann an vielen Themen beobachtet werden, am besten am Fahrzeug welches sie fahren. Das ist meistens eine reine Selbstbestätigung und Show nach aussen: Seht her ich bin erfolgreich. Weichheit? Niente.

Dass Männer oft anfälliger als Frauen sind, ist ihre selbst getroffene Entscheidung. Warum beleuchten Männer nicht genauer warum sie sich dem Zwang des Wettbewerbs hingeben? Das Fahrzeug ist komplett im Außen! Jungs, ich rate Euch – schaut hin! Ihr habt nur dieses eine Leben!

Was bin ich happy, dass ich Vespa fahre. Ich fühle in mich rein. Eigentlich mag ich weich, sehr gerne sogar. Wobei „eigentlich“ auch kein gutes Wort ist. Ich merke jedoch – ich traue mich nicht, es zuzulassen. Sprich, Härte sein zu lassen. Ich mag weich. Doch ich habe Angst, dann nicht mehr als stark und taff wahrgenommen zu werden. Diese Angst zeigt uns jedoch lediglich, dass das, was als Nächstes kommt, extrem wichtig ist für uns. Die Stimme aus dem Off signalisiert mir – hey, genau das ist es, was Du bist. Ein großartiger Mensch mit einem unglaublich weichen und sanften Kern, der sich vertrauensvoll an Dich schmiegt, weil du so bist wie du bist. Aus diesem Kern kannst Du ganz viel Kraft für Dich selbst ziehen.

Doch es macht mich nervös, langsam zu sein. Immer den Fuß am imaginären Gaspedal. Bin ich vielleicht wie ein Mann? Weniger zu sagen und dafür dennoch geschmeidigen Inhalt zu vermitteln. Hibbelig beim Ausprobieren, ob ich dann noch gesehen und ernst genommen werde, wenn ich meinen Kern zeige. Kribbelig, was denkt dann nur dein Umfeld? Freunde, Kollegen, Kunden?

Doch mich reizt diese Erfahrung im Leben, was das mit mir macht, wenn ich weich zulasse für mich. Das Tempo verlangsame und die Stimme runterdrossle. Mehr Pausen mache. Anhalte. Liebevoll mit mir selber bin. Was verändert sich dadurch im Außen?

 

Hilfe und Unterstützung zulassen

Ich brauche einen Mentor und fahre in die Werkstatt – ich bekomme das mit der Schraube alleine nicht geregelt.

Sich Unterstützung zu holen von Menschen heißt nicht, schwach zu sein oder es nicht zu können, sondern ein Lernfeld zu betreten, um zu wachsen und sich dabei bewusst Unterstützung zu holen  Menschen, die einen begleiten, motivieren und die einem auch konstruktive Kritik geben, die uns wachsen lässt, gibt es immer. Schau genau hin, dann siehst Du sie. Kritik ist eine Art kostenlose Beratung und ein Fünkchen Wahrheit steckt auch oft dahinter. Mach dich auf den Weg dahin. Es lohnt sich. Für Dich.

Bei mir lohnt es sich auch. Mein Mechaniker erklärt mir, Motoren produzieren ganz viel Kraft und Power. Im Zusammenspiel mit dem Fahrwerk, bringen sie diese Kraft und diese Energie nur auf den Weg, wenn der Motor in der Karosserie in Gummi weich gelagert ist. Sprich, meine Schraube braucht weiche Gummipuffer, damit Karosserie und Fahrwerk sowie der Motor im harmonischen Zusammenspiel sind und geschmeidig laufen können.

 

Weichheit in einer unvorstellbaren kraftvollen Dimension

Freunde, Mentoren spiegeln mir, wir wollen auch die weiche Kathrin sehen und erleben. Power hast Du, keine Frage, doch das was ganz tief dahinter steckt … das weiche,  ruhige und fließende interessiert uns brennend zu erleben, denn darin steckt eine ungeahnte Kraft, die voller Tiefe ist. Weichheit als kraftvoller Energiespender.

Was heißt das für mich?

Weicher in meiner Kommunikation. Weicher in der Stimme, meiner Geschwindigkeit. Weicher mit mir als Frau, als Mensch, mit meinem Körper sein. Weich zulassen, weich in meinem Sein. Eine neue Seite an mir entdecken. Umdenken: Die Weichheit als Stärke sehen, nicht als Schwäche. Sie dient mir.

Auf uns Menschen übertragen heißt das, wenn du zu hart zu dir selbst bist mit deinem Herz, sprich die Schraube zu stark am Material sitzt und reibt, nicht mit Weichheit abgefedert wird, entsteht kein Raum, um geschmeidig den verschiedenen Herausforderungen des Lebens zu begegnen. Dann wird auch dein Körper auf kurz oder lang entsprechend darauf reagieren. Durch den zu großen Druck an dich selbst wirst du nicht ehrlich an die Wahrheit deines eigenen Herzens und an den Kern deines Seins kommen. Bist du hart in der Seele, zerstörst du dich auf lange Sicht selbst.

Wir kommen mit Leichtigkeit auf diese Welt und wir machen es uns selber hart und schwer. Glauben, es müsse anstrengend, hart, mühevoll – voller Mühe sein, damit es auch wertig ist. Du WERT bist und WER bist. Das Gegenteil ist der Fall.

 

Sich selbst genug lieben, um sich anderen zu zeigen

In der nach Benzin, Gummi und ölriechenden Halle laufen auch meine Gedanken plötzlich wie geschmiert und es kommt mir eine Erkenntnis. Sei einfach Du selbst! Traue Dich – weniger ist mehr. Leise ist das neue Laut. Selbstbewusstsein ist ruhig. Weichheit ist Stärke. Denke an Deine Abfederung mittels deiner eigenen Milde dir selbst gegenüber.

Doch wie ist das zu schaffen?

Dein Leben kommt in Bewegung, wenn du die Weichheit zulässt und annimmst, denn dadurch entsteht deine wahre Stärke, Fülle, Authentizität und somit wird Kopf, Herz und Seele in Einklang gebracht. Die reine Essenz deiner Persönlichkeit wird somit sichtbar.

Drei Wochen später komme ich vom Denken ins Handeln. Ich betrete die Bühne für meinen x-ten Vortrag. Ich warte ab, bis der Applaus für die Begrüßung abgeklungen ist. Stille. Für einen Moment ringe ich mit meiner vertrauten Power mit der ich so gerne Vollgas gebe. Obwohl noch kein Wort gesprochen ist, spüre ich die Spannung und Energie im Raum. Ich fühle ganz bewusst mich selbst, mit der Kraft in meiner Mitte, bin ganz Frau und nehme weich meine Stimme auf mit meiner Message und damit mein Gegenüber kraftvoll mit auf den Weg. Begeisterung im Erleben des eigenen Seins.

Als ich an dem Abend mit meiner Vespa nach Hause fahre, summt sie geschmeidig wie ein Bienchen. Der Versuch, die eigene Weichheit zu leben ist es wert. Jetzt heißt es zu trainieren und üben, um die neu gewonnene Stärke zu verinnerlichen.

Und hier noch der Spruch des Monats:

„Schmiegsam und geschmeidig ist der Mensch, wenn er geboren wird, oft starr, störrig und steif, wenn er stirbt. Biegsam, weich und zart sind Kräuter und Bäume im Wachstum, dürr, hart und stark im Endwerden. Weichheit und Zartheit gehören zum Leben. Nimm sie an und lebe sie.“

Über mich als Bloggerin

Meinen „Motivationsblog von und mit Kathrin“ habe ich seit 2012. Das war mein Startschuss für das Schreiben im Netz. Es gibt mir die Möglichkeit all die Themen, die viele Menschen beschäftigen, genauer zu beleuchten und dahingehend zu motivieren selbstbestimmend zu leben, in kleinen Schritten loszulaufen und einfach aus ganzem Herzen zu leben.